Rostock, den 12.02.2017 - 17:00 Uhr
Ein echtes Original ist von uns gegangen. Hellmuth "Müther" Bauer aus Bodstedt war einer der letzten Fischer an der vorpommerschen Küste, der noch von Kindesbeinen an in das Zeesenerhandwerk hineingewachsen ist. Er hat uns kurz nach Beginn des Jahres, am 11. Januar 2017, verlassen.

In Gedenken an Hellmuth Bauer wird an dieser Stelle ein kleines Interview wiedergegeben, welches ich aus Anlaß seines 80. Geburtstages mit ihm geführt habe:

Müther, Du bist 1932 in eine Zeit hineingeboren worden, da war die Zeesenfischei noch ein richtiger Berufszweig und es war üblich, dass Jungen im Konfirmationsalter (heute würde man Teenager sagen) als Zeesjungen an Bord gingen und dort ordentlich mit zupacken mussten.
Hellmuth Bauer: „Ja, ich habe ja schon früh mit meinem Vater zusammen gefischt. Aber mir ging es auch einmal so, als Vater ein viertel Jahr lang krank war. Da musste ich bei einem anderen Fischer mitkommen, für 5 Mark im Monat! Essen und Trinken waren frei. Dann nachher gab es 20 Mark.
Vom 14. Lebensjahr an war ich dann selbständig. Mein Vater konnte nicht mehr. Da habe ich erst kurz einen alten Fischer mitgehabt und dann zusammen mit meinem Bruder gefischt.“
Also hast Du damals schon den „Rümdriwer“ (heute FZ 22) gehabt?
Hellmuth Bauer: „Ja, den hat mein Vater gehabt. Der hat erzählt, dass das Boot noch in Handarbeit, nur mit Brettsäge, Fuchsschwanz und Deichsel gezimmert worden ist. Das war bei Knull, noch unten an der alten Försterei. Wie lange hat der wohl daran gebaut?
Und das Boot haben wir dann geerbt. Mein Bruder und ich. Wir haben uns so hoch geläppert. Da haben wir später ein paar Reusen gemacht, als wir das Geld hatten. Und dann konnte erst ins kleine und später ins große Boot ein Motor eingebaut werden. Dat war wat…“




Woher stammt denn eigentlich der Bootsname „Rümdriwer“?
In welchem Revier habt ihr denn am Anfang Deiner Selbständigkeit gefischt?
Hellmuth Bauer: „Wir sind zuerst angefangen auf dem Saaler Bodden. Aber bis runter durften wir nicht. Mecklenburg war die Grenze; Ahrenshoop – Moischenstein. Das war damals so. Der Fischmeister kam dann an… Der hatte da so nen langsamen Motor drin ;o) Wenn wir guten Segelwind hatten, segelten wir ihm weg…“
„Zum Schluss (bis in die 70er Jahre hinein) waren dann alle Zeesboote zum Fischen in Ralswiek auf Rügen. Da war´n Aale - 10 Stiegen…! Schau heute mal in den Hafen rein. Da is nix miehr…“

Wo habt ihr denn damals Euren Fang abgeliefert?
Hellmuth Bauer: „Der wurde in Born bzw. in Barth abgegeben. Nach Rügen kam der Barther LKW, um die Aale zu holen. Nach Born kam auch die Quatze, auch bis in den Jasmunder Bodden und nach Niederhof. Immer freitags. Die Quatze ist dann mit dem Fisch bis hin nach Berlin gefahren, wenn sie voll war. Jo, „Otto“ hieß die…“
Kannst Du Dich spontan an eine besondere Begebenheit auf dem Bodden erinnern, die Du nicht vergessen wirst?
Hellmuth Bauer: „Ja, das hab ich mit meinem Vater auf dem Saaler Bodden erlebt. Damals war ich 14. Da kam eine Windhose von Saal in Richtung Dierhagen. Die Windhose hatte eine ganze Strohmiete mitgenommen, die war über einen Kilometer hoch in der Luft. Mein Vater schrie: „Sägel runner, Sägel runner - Schmeiß Dich bei der Laufplanke hin und halt Dich bloß fest.“ Und dann, nur 100-200m war sie von uns ab. Der ganze Saaler Bodden, alles war voller Stroh. Da hab ich Angst gekriegt… Da wollt ich kein Fischer mehr werden, nee…“

Und Müther – die Geschwaderfahrt zu Deinem 80. Geburtstag war doch bestimmt eine gelungene Überraschung?
Hellmuth Bauer: „Jo, um halb drei wusst ich noch nix. Da kamen se an: „Bei Flemming gibt’s Kaffee“. Ich heff mir gewunnert. Nur Lüd… De Boote alle raus? Die segeln wohl Leute? Aber mit allen Booten??? Selbst am Kaffeetisch wusst ich noch nix. Die haben alle dicht gehalten. Und dann sollte draussen eine kleine Pause sein. Da hab ich dann vielleicht aber geguckt…!“
Nun hat unser alter Rümdriwer "Müther" Bauer die letzte große Reise angetreten.
Im Namen der Klassenvereinigung der Zeesboote
Uwe Grünberg
Quellen:
Bild 1: Uwe Grünberg